Fußball

Tach,

also, ich will ja niemandem den Spaß verderben, aber gerade habe ich so gar keine Lust auf Fußball. OK, EM und WM sind schon zum Teil ganz nette Ereignisse. Das Public Viewing überall, das kann mir auch Spaß machen, aber irgendwie kommt das gerade nicht bei mir an. Und ohne Begeisterung kommt einem diese ganze Veranstaltung immer mehr wie ein Kasperletheater vor. Wenn irgendwer ein Spiel gewinnt steigen alle in ihre Autos und fahren hupend durch die Gegend, ohne auf andere zu achten, zum Beispiel auf Fahrradfahrer wie mich. Regeln sind außer Kraft gesetzt, alles grölt und schreit, dabei hat doch eigentlich keiner der Zuschauer irgendeine Leistung dazu beigetragen. Das ist wie stolz auf Deutschland zu sein. Macht keinen Sinn. Oder stolz zu sein, Deutscher zu sein. Macht noch weniger Sinn.
Gut, man kann stolz auf sein Kind sein. Da kann ich noch was mit anfangen. Hat man ja selbst fabriziert. Da gibt es noch einen gewissen Zusammenhang.
Aber zurück zum Fußball: es ist doch in der Realität so: 22 Figuren latschen oder rennen 90 Minuten einem Ball hinterher. Am Ende hat eine Mannschaft gewonnen. In der gleichen Zeit haben viele Millionen zum Teil adipöse Biertrinker weitere unzählige Biere getrunken und geschrien. Wenn ihre Mannschaft dann gewonnen hat, schleppen sie sich in ihre Autos und den Rest kennt man ja …
Gut – es geht um das Gemeinschaftsgefühl, das WIR. Aber kann man da nicht auch etwas wenigstens ein bisschen weniger banales zu Hilfe nehmen?
Naja, klar, jeder, wie er mag, aber trotzdem: Fußballfans scheinen mir im Schnitt doch sehr stark am Primaten orientiert zu sein. Da bin ich lieber Fan von beispielsweise Douglas Adams oder Peter Gabriel.
Aber vielleicht – wenn ich mein nächstes Projekt fertig habe (irgendeine Software), dann miete ich ein Auto, trinke 7 Bier und fahre hupend durch die Stadt und schreie: Ihr könnt nach Hause geeeen …“. Macht zwar keinen Sinn, aber wenigstens habe ich dann selbst etwas geleistet, auf das ich stolz sein kann.

Trotzdem noch viel Spaß bei der EM (auch wenns bescheuert ist)

Gomerahippie


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Spiritualität

Kleiner Buddha in Chiang Mai

Kleiner Buddha in Chiang Mai

Aus gegebenem Anlass sehe ich mich dazu motiviert, diesen Begriff einmal für mich zu definieren. Ich habe gerade in jüngster Zeit die Erfahrung gemacht, dass da jeder Mensch seine eigene Vorstellung hat, die sehr stark von der der anderen abweichen kann. Das ist natürlich eine Binsenweisheit, aber selbst mit Menschen, mit denen man intensiv zu tun hat, zeigt sich dieser Unterschied vielleicht nicht sofort, solange man die entsprechenden Vokabeln wie „Energie“ oder „alternativ“ verwendet. Viele Menschen wollen sich da ja auch gar nicht so festlegen. Zum Beispiel die Astrologie oder viele andere Praktiken aus dem Bereich der Esoterik leben ja davon, dass man alles und nichts davon ableiten kann, aber das muss meiner Meinung nach auch nicht automatisch schlecht oder nicht spirituell sein, kann es aber, wenn es nur zu Opportunismus führt.
Ich habe früher mal Tarotkarten gelegt und fand das eigentlich ganz spannend. Auch eine Form von Horoskop. Was daran spannend sein kann, finde ich, ist die Reflexion, die ausgelöst wird in einem Menschen. Ich fand es toll, die „Antworten“ als Aufhänger zu verwenden. Auch bei einem Horoskop kann man sich fragen, ob diese oder jene Eigenschaft zutrifft oder nicht, ob bestimmte Wünsche existieren oder nicht. Das Horoskop ist dann wie eine Sammlung von Thesen und die können bestätigt oder widerlegt werden. Ohne die Aufstellung der These hätte man die Frage danach gar nicht gestellt. Mehr ist dabei aus meiner Sicht aber auch nicht zu holen, wobei das schon eine Menge ist. Etwas, was mich dazu bringt, mir große Fragen über mich oder das Leben zu stellen – und das können auch unbequeme sein – das halte ich für spirituell. Das ist für mich ein wichtiger Punkt: Ein spiritueller Weg kann und wird auch höchstwahrscheinlich zu unbequemen Wahrheiten führen. Es ist aber wichtig, diese Wahrheiten auch als solche zu akzeptieren, obwohl sie unbequem sind. Sonst ist es nur Esoterik und hat keine Substanz.
Und es ist für mich auch ein guter Hinweis auf Spiritualität, wenn etwas anstrengend ist.
Wenn ich Yoga mache, dann ist das anstrengend, Yoga lebt auch von dem Gegensatz von Anspannung und Entspannung, was ich auch für ein Grundprinzip halte. Wer Yoga praktiziert, wird vermutlich eher spirituelle Erfahrungen machen.
Auch das Wandern auf La Gomera halte ich immer wieder für eine große spirituelle Erfahrung, obwohl ich das schon so oft gemacht habe. Und manchmal trifft man auf Leute, z.B. oben auf dem Garajonay oder sonst wo, die sind mit dem Auto angekommen, die paar Meter die Piste hochgelatscht und stehen dann oben und schauen auf den Teide. Sie sagen Sachen wie „ganz nett“ und „hier ist ja Empfang!“ und dann latschen sie wieder die paar Schritte zum Auto und fahren woanders hin. Natürlich kann man sich ein Auto mieten und La Gomera so erkunden. Klar. Aber wer einen Berg herauffährt mit seinem Auto, der wird vermutlich keine so großartige spirituelle Erfahrung machen, wie der, der mehrere Stunden durch die wunderschöne Natur von La Gomera gewandert ist. Deshalb ist es für mich ein Grundprinzip: Wahrscheinlich ist es nicht spirituell, wenn es nicht eine gewisse Anstrengung erfordert. Ich denke nicht, dass unser aller Zweck darin besteht, so leicht wie möglich durchs Leben zu kommen.
Aber natürlich kann man auch spirituelle Erlebnisse haben, die keine Anstrengung erfordert haben und sowieso „spreche“ ich nur für mich. Manchmal lernt man einen Menschen kennen und es besteht sofort eine magische Verbindung. Ich meine nicht sexuell, sondern eben auf einer tiefen spirituellen Ebene. Und man schaut sich an und beide empfinden vielleicht diese tiefe Verbindung, wie einen Stromschlag. Natürlich kann das eine spirituelle Erfahrung sein. Und manchmal hält diese Verbindung aber nicht stand, weil man merkt, dass man zwar die selben Vokabeln verwendet, jedoch verschiedene Inhalte damit verbunden sind. Das kann zwar frustrierend sein, aber für mich ist es sehr wichtig, diese Unterschiede zu sehen. Das ist für mich auch Teil dessen, was ich Spiritualität nenne. Sie kann auch zu unbequemen Wahrheiten führen und die möchte ich auch sehen. Alles sehen, wie es ist. Natürlich ist das schwierig bis unmöglich, aber ich denke, man muss es trotzdem versuchen. Die Welt besteht aus unendlich vielen Fassetten und Blickwinkeln darauf. Trotzdem ist es für mich nicht spirituell zu glauben, man könne sich seine eigene Realität zusammenbasteln, so, wie sie einem gefällt, wünsche an das Universum stellen, Bestellungen aufgeben und so weiter. Das halte ich für nicht spirituell, das ist Esoterik. Es ist nicht der Versuch, die Wahrheit zu sehen, auch wenn das vielleicht unmöglich ist. Es ist der einfache Weg, dort wo er vielleicht anstrengend seine müsste, um eine Erfahrung zu machen, die wichtig ist. Andererseits – alles was funktioniert ist auch gut. Das ist vielleicht auch opportunistisch, aber wir befinden uns ja alle auf einer Forschungsreise und müssen irgendwie weitersehen, jedenfalls, wenn wir daran Interesse haben. Trotzdem: ich denke nicht, dass das Universum so konzipiert ist, dass man sich etwas wünschen kann, aber es ist immer wieder wunderschön und es folgt offenbar irgendwelchen Gesetzmäßigkeiten. Es gibt vielleicht einen großen Zusammenhang und es gibt vielleicht eine große Aufgabe oder vielleicht auch viele kleine Aufgaben, für jeden von uns. Die Forschung nach dieser Aufgabe und vielleicht sogar die Erfüllung dieser Aufgabe, das ist für mich auch ein Aspekt von Spiritualität.
Letztes Jahr war ich in Thailand und es war eine schöne Reise. Als „Buddhismus-Sympathisant“ war ich an dem gelebten Buddhismus in Thailand sehr interessiert, muss aber sagen, dass mich viele Dinge sehr gestört haben, ich will jetzt nicht weiter darauf eingehen, vielleicht an anderer Stelle, aber mir ist auf dieser Reise aufgefallen, dass ich es für sehr wichtig halte, die Inhalte nicht aus den Augen zu verlieren. Ich denke, zu prunkvolle Tempel mit massiv goldenen Masken führen mich weg von Spiritualität und nicht zu ihr hin.

Viele Grüße

Wolfgang


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